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Naturschutz in Sachsen – Anspruch und Wirklichkeit.

Tobias Mehnert

Vorsitzender von GRÜNE LIGA Sachsen e.V. und NaSa e.V.

Nach dem Grußwort von Steffen Schneider, Bürgermeister von Oederan, ergriff Tobias Mehnert als Vorsitzender von GRÜNER LIGA Sachsen e.V. und NaSa e.V. das Wort, um in seinem Vortrag eine Standortbestimmung zum Naturschutz in Sachsen zu formulieren. Er spannte dabei den Bogen von den Grundlagen des Naturschutzes im Freistaat (Flächen und deren Nutzung) über die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben hin zu den Rahmenbedingungen des Naturschutzes (administrative Verwaltung und Finanzausstattung) und stellte fest, dass alle drei Faktoren seit 1990 deutliche Verbesserungen aufweisen. Dennoch konnten sowohl das Artensterben insbesondere im Offenland als auch die Versiegelung des Bodens und die Zerschneidung der Landschaft nicht aufgehalten werden.

Wesentliche Ursachen dafür, dass das Ziel des Gesetzgebers, der Erhalt der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, trotz der guten Rahmenbedingungen klar verfehlt wird, sieht er...

  • in den Änderungen der Verwaltungsstruktur, welche insbesondere seit 1998 erfolgten und in deren Folge der Naturschutz immer mehr wirtschaftlichen und wahlpolitischen Zielstellungen untergeordnet wurde,
  • in der Art der Nutzung und Verwaltung der Flächen der öffentlichen Hand (insbesondere Freistaat), die – obwohl vom Gesetz her verpflichtet – die Ziele des Naturschutzes eben nicht in besonderer Weise umsetzt sondern ebenfalls wirtschaftlichen und wahlpolitischen Zielstellungen unterordnet,
  • in der Schwäche und teilweise mangelnden Integrität der anerkannten Naturschutzverbände als Korrektiv („Anwälte für die Natur“)

Sein Fazit lautet deshalb:

  1. Naturschutz als Lebensraumschutz für den Menschen und alle Mitgeschöpfe kann nicht einem Wirtschaftsministerium untergeordnet sein. Unser Vorschlag deshalb: Entflechtung der Interessenkollision durch Eingliederung des Naturschutzes in das Innenministerium.
  2. Wiederaufbau einer effizienten, einer durchgängigen Kontrolle unterliegenden
    Verwaltungsstruktur, die nicht von parteipolitischen Interessen von Wahlfunktionären in den Landkreisen geleitet wird.
  3. Damit die Entscheidungen von Fachkompetenz geprägt sind, Wiederaufbau einer ebenso von parteipolitischer Einflussnahme unabhängigen Fachbehördenstruktur auf jeder Verwaltungsebene.
  4. Die Großschutzgebiete des Freistaates gehören in die Verwaltung einer
    Naturschutzbehörde und nicht in die Verwaltung eines Wirtschaftsbetriebes (Sachsenforst).
  5. Die Eigentumsflächen des Freistaates müssen das Grundgerüst für den Biotopverbund bzw. spezielle Artenschutzmaßnahmen bilden. Störungsarmut im Wald und Nutzungsextensivierung bzw. gezielte Stilllegung sind dort in besonderer Weise umzusetzen.
  6. Dem Flächenverbrauch durch Bebauung und damit Verlust von Lebensraum ist mit einem an den realen Eingriffsfolgen orientierten Eingriffsausgleich zu begegnen. Eingriffe sind zu verteuern, dann sinkt auch der Flächenverbrauch.
  7. Eingriffe in Schutzgebieten sind auf die gesetzlich vorgeschrieben Ausnahmen aus
    Gründen der Landesverteidigung bzw. der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben zu beschränken. Für Freizeitanlagen, Umgehungsstraßen und Radwege treffen diese Kriterien ausdrücklich nicht zu.
  8. Privatinitiativen im Naturschutz, welche aktiv für den Schutz der Natur und die Mehrung der Naturschutzflächen eintreten, bedürfen der besonderen Unterstützung. Es muss gelingen breite Bevölkerungskreise für die Schaffung eines flächendeckenden Biotopverbundsystems, welches ausdrücklich auch außerhalb von Schutzgebieten die Landschaft durchzieht, einzubinden. Die Mittel des Naturschutzes müssen für eine Naturschutzbewegung „von unten“ eingesetzt werden. Den privaten Grundstückseigentümern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
  9. Die private Naturschutzbewegung muss sich wieder auf ihre Wurzeln besinnen. Diese liegen im Engagement zum Schutz bedrohter Lebensräume und Arten. Dass dies nicht konfliktfrei ist, liegt in der Natur der Sache. Deshalb hat eine Naturschutzvereinigung, die das Recht zur rechtsstaatlichen Überprüfung von naturbeanspruchenden Planungsvorhaben hat auch die Pflicht, dieses Recht zu nutzen.
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